Methoden zum Kennenlernen und thematischen Einstieg
Bildungsformate können durch vielfältige Methoden partizipativ, informativ und interaktiv gestaltet werden. Um eine Methode für die einzelnen Veranstaltungsphasen auszuwählen, sollte der Weltladen überlegen, was für das Thema geeignet ist, woran die Zielgruppe Spaß hat, welche Methode dem Weltladen selbst liegt und wie die Methode in den Gesamtablauf passt, so dass die Bildungseinheit abwechslungsreich gestaltet ist. Ferner sollte die Methode die Ziele der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit im Fokus haben und den Kompetenzerwerb bei den Teilnehmenden fördern.
Begrüßung und Einstieg in die Veranstaltung
Am Anfang jeder Veranstaltung steht die Begrüßung und der Einstieg. Der Weltladen sollte überlegen, wie die Teilnehmenden begrüßt werden sollen. Es ist immer ratsam die Teilnehmenden gleich zu Beginn mit einzubeziehen. Dies kann in Form einer Vorstellungsrunde, einem Spiel oder einem Lied gelingen. Ferner sollte an die Lebenswelt der Teilnehmenden angeknüpft und das Vorwissen erfragt werden.
Methoden an Zielgruppen und Zeit anpassen
Es existiert ein vielfältiges Methoden-Repertoire, aus dem sich Weltäden bedienen können. Fünf Methoden werden im Folgenden vorgestellt. Diese müssen immer an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden.
Methode: Soziometrische Aufstellung
Zielgruppe
Diese Methode eignet sich sowohl für Jugendliche, Schüler*innen als auch für Erwachsene.
Ziel
Die Soziometrische Aufstellung regt die Kommunikation zwischen den Lernenden an und erleichtert so das Kennenlernen. Zu Beginn einer Veranstaltung ist die Stimmung oft noch angespannt, die Situation ist unbekannt und die Teilnehmer*innen kennen sich noch nicht (gut). Die soziometrische Aufstellung hilft, die Atmosphäre zu lockern und ermöglicht erste Kontakte.
Ablauf
- Die Teilnehmer*innen stellen sich nach bestimmten Merkmalen im Raum auf. Bei der soziometrischen Aufstellung legt der*die Referent*in bestimmte Kriterien fest, nach denen sich die Teilnehmer*innen im Raum aufstellen. Die Teilnehmer*innen können sich je nach Aufgabenstellung linear aufstellen (z.B. alphabetisch nach Vornamen), gruppiert (z.B. bei Ja/Nein-Fragen) oder auch über den ganzen Raum verteilt (z.B. bei Fragen nach der Herkunft). Um sich entsprechend zu positionieren, müssen sie miteinander sprechen und sich austauschen. So erfolgt ein erstes, ungezwungenes Kennenlernen.
- Der*Die Referent*in kann die Aufstellungskriterien beliebig variieren. Der*Die Referent*in kann in der Aufgabenstellung kreativ sein. Beliebt ist die Aufstellung nach Namen in alphabetischer Reihenfolge. Dabei kann jede*r den Namen nennen, wie er*sie genannt werden möchte. Auch das Aufstellen nach Alter oder Geburtsmonat und -tag ist eine einfache Möglichkeit, die Kommunikation zwischen den Teilnehmer*innen anzuregen. Die Methode ermöglicht aber auch ein Hinführen zu Themen der Veranstaltung. Ein Beispiel: Wenn das Thema eines Seminars die Textile Kette und Fairer Handel ist, kann der*die Referent*in die Aufgabe stellen, dass die Teilnehmer*innen sich danach positionieren, ob sie selbst faire Textilien besitzen oder sie wissen, was sich hinter dem GOTS-Label verbirgt. Der*die Referent*in leitet so direkt in das Thema ein, macht die Inhalte erfahrbar und erhält gleichzeitig einen Einblick in das Vorwissen der Teilnehmenden.
- Der*Die Referent*in sollte genug Raum zur Verfügung stellen und nicht zu viele Aufgaben reingeben.
Damit die Methode wirkt und die Teilnehmer*innen aktiv bleiben, sollte der*die Referent*in nicht mehr als drei Aufgaben stellen. Das Durchführen der Methode dauert je nach Fragestellung 20 bis 30 Minuten. Der*Die Referent*in kann zwischen den einzelnen Aufstellungen außerdem Inhalte einbringen oder die Teilnehmer*innen zu ihrer Positionierung befragen. Wichtig ist, dass genügend Platz vorhanden ist, damit sich die Teilnehmer*innen bewegen können. Die Methode ist je nach verfügbarem Platz bei einer Gruppengröße von 10 bis 70 Personen einsetzbar.
Methode: Speed-Dating
Zielgruppe
Die Methode eignet sich für Schüler*innen und junge Menschen sowie Erwachsene.
Ziel
Die Teinehmer*innen kommen miteinander ins Gespräch und lernen sich mittels vorgegebener Fragestellungen kennen.
Material
Für diese Methode werden Stühle (Anzahl der Teilnehmenden) und eine Stoppuhr zur Zeiterfassung gebraucht.
Ablauf
Die Teilnehmer*innen sitzen sich in zwei Reihen in Paarkonstellation gegenüber. Die Aufgabe ist, dass jede*r den*die Partner*in innerhalb von 90 Sekunden kennenlernt. Neben der persönlichen kurzen Vorstellung, können den Teilnehmenden von dem*der Referent*in Fragestellungen oder Themen vorgegeben werden. Nach 90 Sekunden rückt eine Reihe einen Platz weiter, so dass alle nach und nach mit möglichst vielen Teilnehmenden kurz gesprochen haben. Der*Die Referent*in stoppt die Zeit und gibt jeweils die neue Runde durch.
Vorteil: Die Teilnehmer*innen lernen sich cliquenübergreifend sehr schnell kennen, weil sie miteinander kommunizieren und interagieren. So können mögliche Hemmschwellen überwunden werden.
Methode: Weltverteilungsspiel
Zielgruppen
Die Methode eignet sich für Schüler*innen, junge Menschen und Erwachsene.
Ziel
Das Weltverteilungsspiel ist ein Klassiker für die Veranschaulichung von Verteilungen (Bevölkerung, Einkommen, Migrationsbewegungen, CO2-Emissionen, …) in der Welt. Die Darstellung ist stark vereinfacht, da es sehr große Unterschiede zwischen den Ländern eines Kontinentes gibt und auch innerhalb eines Landes. Dies mit Teilnehmenden zu diskutieren, kann die eigenen oft unbewussten Rassismen und Diskriminierungsmechanismen aufdecken und im Austausch verringern. Wer tiefer einsteigen möchte, kann anschließend weiter differenzieren. Dies kann auch die Lehrkraft im weiteren Verlauf des Unterrichts leisten.
Material
Es werden eine Weltkarte, Spielfiguren, Schokostücke, Nüsse oder ähnliches in der Anzahl der Teilnehmenden benötigt.
Ablauf
Es gibt verschiedene Varianten, wie das Weltverteilungsspiel durchgeführt werden kann. Die weiteren Erläuterungen zeigen eine Version. Die Weltkarte wird in die Mitte des Stuhlkreises gelegt. Die Teilnehmenden sind nun aufgefordert, die Spielfiguren (so viele wie Teilnehmende) so auf die Kontinente zu verteilen, wie sie die Bevölkerungs- und Einkommensverteilung zwischen den Kontinenten vermuten. Danach werden die korrekten Zahlen benannt und ggf. die Spielfiguren entsprechend verschoben. Dann folgt das Welteinkommen in Form von Schokostückchen. Die Teilnehmenden schätzen und diskutieren über ihre Vermutungen. Die Referent*innen korrigieren anschließend. Bei ausreichender Zeit (und abhängig von der Zielsetzung) kann auch nach diesem System auch die Verteilung von Geflüchteten und/oder der CO2-Emission geschätzt werden.
Methode: Ein-Wort-Check-In
Diese Methode eignet sich gut, wenn ein gemeinsamer Check-In für größere Gruppen geplant ist oder ein Online-Seminar angeboten wird.
Zielgruppe
Die Methode eignet sich für Schüler*innen, junge Menschen, Erwachsene und vor allem größere Gruppen.
Ziel
Die Teilnehmenden durchlaufen eine schnelle Begrüßungsrunde und assoziieren bestimmte Motivationen oder Wörter mit anderen Personen. Dies kann auch in späteren Gesprächen wieder aufgegriffen werden.
Ablauf
Jede*r Teilnehmer*in sagt nacheinander den Namen und ein Wort, das beschreibt was die Person heute mitbringt (Neugier, Motivation, ausgeschlafener Kopf, etc.) oder beiträgt (kritisches Hinterfragen, gute Laune, etc.). Die Einstiegsfrage kann an den Seminarinhalt angepasst werden. Der*Die Referent*in achtet darauf, dass jede*r Teilnehmende nur ein Wort sagt.
Methode: Unsere Generation
Zielgruppe
Diese Methode eignet sich besonders für das Lernen mit unterschiedlichen Generationen. Weltladen-Mitarbeiter*innen sind eine wichtige Zielgruppe.
Ziel
Da viele Menschen beim Stichwort Generationen erstmal an „alt und jung“ denken und das Thema entweder als allzu selbstverständlich, als langweilig oder als spannungsgeladen einsortieren, kann eine angeleitete Hinführung der Teilnehmenden auf das Thema hilfreich sein. Das weckt schnell Neugierde und einen eigenen emotionalen Zugang. Bei der Methode werden lebensbiografische Phasen und gemeinsam in einer bestimmten Altersgruppe erlebte zeitgeschichtliche Ereignisse und Entwicklungen geteilt und damit oft auch Werte und ein ähnlicher „Blick auf die Welt“.
Ablauf
- Die Person, die die Methode anleitet, fordert die Gruppe auf: „Stellt euch in einer Schlange von der*dem Jüngsten bis zu der*dem Ältesten auf und bildet Generationengruppen, denen ihr dann in der jeweiligen Gruppe auch einen Titel gebt.“ Reaktionen sind häufig Verblüffung, Erstaunen und dann die Freude daran, gemeinsam einen Titel für die eigene Generation zu finden. Über diesen Einstieg wird schnell deutlich und vor allem erfahrbar, dass in unserer Identität die Zugehörigkeit zu einer Generation eine wichtige Rolle spielt.
- Wenn mehr Zeit da und der Raum groß genug ist, können die Generationengruppen zusätzlich aufgefordert werden, ein Statuenbild zu ihrer Generationen zu finden. Dazu stellen sich die Mitglieder der Generationengruppe in einer bestimmten Körperhaltung oder Position auf und erstarren „wie ein Denkmal“.
- Anschließend werden alle Statuenbilder vor der Gesamtgruppe gezeigt, die jeweils anderen der Gesamtgruppe schildern zunächst ihre Eindrücke und Interpretationen, danach erläutert die Statuen-Gruppe, was ihnen dabei wichtig war. Titel von Generationengruppen, die bei der Anwendung dieser Methode entstanden waren:
- die Jung-vernetzten
- die erfahrenen Weisen
- die gerade Gesettelten
- die Generation der neuen Freiräume
- die alten Kämpfer*innen
Die Zugehörigkeit zu einer historisch-soziologischen Generation ist sofort spürbar: Geteilt werden lebensbiografische Phasen und gemeinsam in einer bestimmten Altersgruppe erlebte zeitgeschichtliche Ereignisse und Entwicklungen und damit oft auch Werte und ein ähnlicher „Blick auf die Welt“. Gerade solche Grundhaltungen sind sehr prägend für den Zugang zum Engagement im Fairen Handel. So wird schnell verständlich, dass Generationenunterschiede mehr sind als die einfache Abgrenzung „alt“ und „jung“.
Autorin: Katja Voss Stand: Dezember 2020
Quellen
Di-world (2020): Inter@ction_1.1.
Weltladen-Dachverband (2018): Warum wissen meine Eltern das eigentlich nicht\?
Weltladen-Dachverband (2016): Generationen im Fairen Handel.
EPIZ Berlin (2013): Methodensammlung für Referent_innen.
Zum Weiterlesen
Methodenhandbuch mit Methoden und Energizern für Online-Seminare: 2020_Di-World_Methodenhandbuch online-Lernen