Fairer Preis
Ein fairer Preis, der mit den Produzent*innen und/oder ihren Organisationen verhandelt wird, soll die nachhaltigen Produktionskosten decken, den Produzent*innen ein angemessenes Einkommen nach regionalen Verhältnissen sichern und darüber hinaus noch Spielraum lassen für Investitionen in die Zukunft und in Gemeinschaftsprojekte.
Für die Festlegung fairer Preise sind viele Faktoren zu beachten, unabhängig davon ob es sich um Mindestpreise bei Agrarprodukten oder um individuell ausgehandelte Preise bei Non-Food-Artikeln handelt. Was als „fair“ betrachtet wird, hängt neben den Herstellungskosten auch mit den jeweiligen Lebenshaltungskosten ("living wages") zusammen. Es bedarf auch einiger Erfahrung auf Seiten der Handelspartner, um die eigenen Kosten zu kennen und entsprechende Verkaufspreise zu kalkulieren. Sämtliche Systeme im Fairen Handel widmen der Preisgestaltung große Aufmerksamkeit, wobei es Unterschiede im Detail gibt, wie vorgegangen wird.
Für Lebensmittel mit einem Weltmarktpreis (z.B. Kaffee, Zucker, Kakao...) setzt sich der faire Preis aus einem garantierten Mindestpreis (immer ≥ Weltmarktpreis) plus einer Fair-Handels-Prämie (für Gemeinschaftsprojekte) und ggf. einem Bio-Aufschlag zusammen. Fair-Handels-Importeure zahlen darüber hinaus oft zusätzliche Aufschläge, z.B. für besondere Qualität.
Oft wird nachgefragt, wie viel Prozent des Verkaufspreises im Fairen Handel bei den Erzeuger*innen der Produkte verbleiben und wie hier der Unterschied zum "konventionellen" Handel ist. Diese Frage kann kaum einheitlich beantwortet werden, denn Produkte und Bedingungen sind sehr unterschiedlich, viele Faktoren der Kalkulation schwanken, Verkaufspreise sind nicht fix usw. Veröffentlichte Preiskalkulationen der Importeure gelten deshalb entweder für das konkrete Produkt zu einem bestimmten Zeitpunkt oder bilden einen groben Durchschnittswert ab. Materialien mit vergleichenden Kalkulationen sind in der Regel stark vereinfacht, um die Komponenten der Preisbildung zu verdeutlichen, über den "fairen Preis" sagen sie jedoch wenig aus. Korrekte Vergleiche sind also nur bei den Preisen für die Erzeuger*innen-Organisationen (Kooperative, Vermarktungsorganisation, engagiertes Unternehmen) möglich.
Der faire Preis ist nicht das einzige und für viele Produzent*innen auch oft nicht das wichtigste Kriterium des Fairen Handels. Langfristige Zusammenarbeit, intensive Beratung und Vorfinanzierung sind oft wichtiger, um langfristige Perspektiven zu ermöglichen und menschenwürdig leben und arbeiten zu können.
Zum Weiterlesen
2020 GEPA Musterkalkulation Kaffee 2020 GEPA Musterkalkulation Schokolade 2016_FFH_Living Wages im Fairen Handel.pdf 2016_WL-DV_WELTLADEN 2.2016_Preiskalkulation im Fairen Handel.pdf 2015_GEPA_Musterkalkulation Orangensaft.pdf 2005_FFH_Was ist ein fairer Preis.pdf