
Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz veröffentlicht
Die EU-Kommission am 23. Februar 2022 ihren Entwurf für die „Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit“ veröffentlicht, das sogenannte EU-Lieferkettengesetz. Mit diesem Vorhaben möchte die EU Unternehmen dazu verpflichten, Risiken für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in ihren Lieferketten zu ermitteln und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Auf der einen Seite ist es erfreulich, dass der Kommissions-Entwurf an einigen Punkten über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgeht. So sollen die Regeln für alle Unternehmen im EU-Binnenmarkt mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen und einem jährlichen Nettoumsatz von 150 Millionen Euro gelten. In den Risikosektoren Textil, Landwirtschaft und Bergbau sollen die Pflichten bereits für Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen und einem Nettoumsatz von 40 Millionen Euro gelten. Außerdem dürfen Unternehmen laut Gesetzentwurf Arbeiter*innen keinen angemessenen existenzsichernden Lohn vorenthalten. Die Pflichten sollen prinzipiell entlang der gesamten Lieferkette gelten.
Es gibt Lücken und Schlupflöcher
Auf der anderen Seite enthält der Gesetzesentwurf einige Lücken und Schlupflöcher. Zunächst einmal würden oben genannte Pflichten und Regeln nur für weniger als 1% aller Unternehmen in der EU gelten. Um Schäden präventiv zu verhindern, sieht der EU-Entwurf ähnlich wie das deutsche Gesetz Sanktionen und Bußgelder vor, wenn Unternehmen gegen ihre Pflichten verstoßen. Der EU-Entwurf enthält darüber hinaus auch eine zivilrechtliche Haftungsregelung, mit der Betroffene von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden gegen die verursachenden Unternehmen klagen können. Die Hürden für derartige Klagen sind jedoch weiterhin sehr hoch, zudem besteht die Möglichkeit, dass sich Unternehmen durch Vertragsklauseln ihrer Verantwortung entziehen. Außerdem betont der Kommissionsentwurf zwar die zentrale Bedeutung des Privatsektors für die Einhaltung der 1,5°C-Grenze nach dem Pariser Klimaabkommen. Genau wie das deutsche Lieferkettengesetz versäumt er es allerdings, Unternehmen eigenständige klimabezogene Sorgfaltspflichten aufzuerlegen.
Wie geht es mit den Entwurf weiter?
Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag zu einem ‚wirksamen‘ EU-Lieferkettengesetz bekannt. Jetzt ist es ihre und die Aufgabe der deutschen EU-Parlamentarier*innen sich dafür einzusetzen, dass die Schlupflöcher und Lücken in dem EU-Entwurf geschlossen werden.
Der Kommissions-Entwurf geht nun im weiteren Verfahren an das Europäische Parlament sowie an den Rat. Einmal verabschiedet, müssen die EU-Mitgliedsstaaten die Richtlinie in nationales Recht umwandeln. Deutschland muss in dem Fall das 2021 verabschiedete Lieferkettengesetz anpassen.