
Fair-Handels-Organisationen fordern existenzsichernde Einkommen im EU-Lieferkettengesetz
Die EU verhandelt über ein europaweites Lieferkettengesetz
Seit 2022 wird auf europäischer Ebene über eine Richtlinie verhandelt, die europäische Unternehmen zu menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht und höheren Umweltstandards entlang ihrer Lieferkette verpflichten soll. Nachdem der Europäische Rat im Dezember 2022 und das Europäische Parlament im Juni 2023 ihre Stellungnahme zum Entwurf abgegeben haben, wird nun in einem Trilog der drei Institutionen eine Einigung ausgehandelt.
Die Organisationen, die den offenen Brief unterzeichnet haben - so auch der Weltladen-Dachverband -, begrüßen das Gesetzesvorhaben und das Ziel, die Menschenrechts- und Umweltauswirkungen globaler Wertschöpfungsketten von Unternehmen zu berücksichtigen. Doch damit die Richtlinie positive Veränderungen bringt, braucht es eine stärkere Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse der Rechteinhaber*innen, besonders derjenigen, die in den globalen Wertschöpfungsketten am meisten gefährdet sind.
Kleinbäuer*innen indigener Völker und lokaler Gemeinschaften besser schützen
Kleinbäuer*innen und -produzent*innen vor allem indigener Völker und lokaler Gemeinschaften leiden besonders stark unter den negativen Folgen des Welthandels. Dabei sichern sie die Ernährung der Weltbevölkerung sowie den Erhalt wertvoller natürlicher Ökosysteme. Kleinbäuer*innen tragen ein Drittel zur weltweiten Nahrungsmittelversorgung bei und bewirtschaften schätzungsweise ein Viertel der weltweiten Wälder, was 1 Milliarde Hektar entspricht.
Viele von ihnen sind aufgrund der Machtungleichgewichte entlang der Lieferkette abhängig von großen Lebensmittelkonzernen. Dadurch sind sie in einer schlechten Verhandlungsposition, um sich gegen unfaire Handelspraktiken zu wehren und müssen ihre Produkte teilweise sogar unterhalb der Herstellungskosten verkaufen. Diese Ausbeutung geht oft mit anderen Menschenrechtsverletzungen wie Diskriminierung und Landraub einher.
Um Selbstständige wie Kleinbäuer*innen und Kleinproduzent*innen vor Ausbeutung zu schützen, ist die Anerkennung des Rechts auf ein existenzsicherndes Einkommen für Menschen, die nicht lohnabhängig beschäftigt sind, im Gesetzesvorhaben zum EU-Lieferkettengesetz erforderlich.
Existenzsichernde Einkommen und faire Einkaufspraktiken klar benennen
Es ist daher positiv, dass ein existenzsichernder Lohn und ein angemessener Lebensstandard bereits als Menschenrecht im Vorschlag der EU-Kommission sowie in den Positionen des EU-Rates und des EU-Parlaments klar erwähnt werden. Die Position des EU-Parlaments geht sogar darüber hinaus und benennt auch das Recht auf ein existenzsicherndes Einkommen für nicht-lohnabhängige Beschäftigte. Das Europäische Parlament betont auch die Notwendigkeit für Unternehmen, ihre Einkaufspraktiken im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht zu behandeln und zu überwachen. Dies ist wichtig für die Realisierung des Rechts auf ein existenzsicherndes Einkommen und existenzsichernde Löhne, wie von zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert.
Gemeinsam für ein starkes EU-Lieferkettengesetz
Zusammen mit dem Fair Trade Advocacy Office, das Lobbybüro für Fairen Handel in Brüssel, und rund 70 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert der Weltladen-Dachverband die EU-Entscheidungsträger*innen in diesem Gesetzgebungsverfahren auf, einen klaren Hinweis auf ein existenzsicherndes Einkommen neben dem existenzsichernden Lohn aufzunehmen und die Einkaufspraktiken in den operativen Artikeln der Richtlinie zu erwähnen, um Kleinbäuer*innen und Kleinproduzent*innen, insbesondere indigener Völker und lokaler Gemeinden, vor Ausbeutung zu schützen.
Der Brief ist in Englisch verfügbar. Hier gibt es die englische Version.