
Schluss mit ruinösen Preisdiktaten gegenüber Bäuer*innen!
Für landwirtschaftliche Hersteller und Vermarkter der Agrarindustrie ist die „Grüne Woche“ zum Jahresbeginn ein wichtiger Termin. Auf der internationalen Messe präsentieren sie ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse und beim „Global Forum for Food and Agriculture“ diskutieren sie Themen der weltweiten Landwirtschaft und Ernährungsfragen.
Auch die Agrarminister*innen vieler Länder nehmen daran teil. Daher bietet die „Grüne Woche“ auch für zivilgesellschaftliche Organisationen einen guten Anlass, auf politische Anliegen im Bereich Ernährung und Landwirtschaft aufmerksam zu machen. Auch die Fair-Handels-Akteure nutzen diese Gelegenheit.
Kundgebung und Traktoren im Berliner Regierungsviertel

Bereits seit 2011 fordert das zivilgesellschaftliche Bündnis „Meine Landwirtschaft“ mit dem wiederkehrenden Motto „Wir haben es satt“ zur „Grünen Woche“ eine globale Agrarwende von den Agrarminister*innen.
In diesem Jahr lautet die Botschaft der Demo am 21. Januar: „Gutes Essen für alle statt Profite für wenige!“. Fotos der Demo gibt es hier.
Konkret fordern die Initiator*innen die Bundesregierung auf, sich für einen sozial-ökologischen Wandel einzusetzen, indem sie:
- das Höfesterben stoppen
- Krisengewinne besteuern
- die Klimakrise und das Artensterben bekämpfen
- die Bäuerliche Tierhaltung erhalten
- den Hunger beenden und die Agro-Gentechnik stoppen
Weltläden fordern mehr Fairness für Produzierende
Auch die Weltläden tagen diese Forderungen nach einer umfassenden und sozial gerechten Agrar- und Ernährungswende zusammen mit der Fair-Handels-Bewegung mit. Besonders wichtig sind den Fair-Handels-Akteuren dabei die Anliegen der Kleinbäuerinnen und -bauern weltweit.
Viel zu oft leiden sie unter den ungleichen Machtverhältnissen entlang globaler Lieferketten, weil sie der großen Macht- und Verhandlungsposition der Unternehmen nichts entgegensetzen können. In der Folge müssen sie unfaire Handelspraktiken und schlechte Preise hinnehmen, mit denen sie vielfach nicht einmal ihre Produktionskosten decken können.
Während beispielsweise viele Kaffeebäuerinnen und -Bauern in den letzten Jahren mit Preisen unterhalb der Produktionskosten in die Armut getrieben wurden, haben große Kaffeeunternehmen wie Lavazza und Starbucks hohe Gewinne gemacht.
„MÄCHTIG unfair“: Preise unterhalb der Produktionskosten
Der Weltladen-Dachverband und das Forum Fairer Handel setzen sich daher gemeinsam mit vielen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen für ein Verbot von Dumping-Preisen für Produzierende ein. Mit öffentlichen Aktionen und im Politik-Dialog fordern sie eine gerechte Verteilung der Gewinne entlang der Lieferkette und existenzsichernde Einkommen weltweit.
So auch zum Weltladentag am 14. Mai 2022: Bundesweit haben rund 300 Weltläden über die Auswirkungen von Dumping-Preisen auf Produzierende informiert und eine gesetzliche Regulierung gefordert.
Schluss mit ruinösen Preisdiktaten gegenüber Bäuer*innen!
Das Forum Fairer Handel fordert zur „Grünen Woche“ Cem Özdemir als Bundeslandwirtschaftsminister auf, den ruinösen Preisdruck auf Bäuer*innen dringend und nachhaltig zu unterbinden und schnellstmöglich ein Verbot des Einkaufs unterhalb der Produktionskosten entlang der gesamten Lebensmittellieferkette gesetzlich zu verankern.
Andrea Fütterer, Vorstandsvorsitzende vom Forum Fairer Handel, nimmt in einem Presse-Statement vom 19. Januar auch Bezug zu seinem Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf einige Lebensmittel abzuschaffen. Insbesondere mit Blick auf die drastisch gestiegenen Endverbraucherpreise sei dies begrüßenswert, um einkommensschwache Haushalte zu entlasten.
Minister Özdemir muss gleichzeitig auch das andere Ende der Lieferketten im Agrar- und Lebensmittelhandel in den Blick nehmen. Bäuerinnen und Bauern weltweit sehen sich mit gestiegenen Produktionskosten konfrontiert, können diese aber aufgrund ihrer Abhängigkeit von marktmächtigen Händlern häufig nicht weitergeben.
Hoffnung auf ein Verbot durch die Bundesregierung
Das bevorstehende Jahr bietet eine gute Gelegenheit, politisch für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Denn die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, ein solches Verbot des Einkaufs unterhalb der Produktionskosten bis spätestens Juni 2023 zu prüfen. Anlass dazu bietet die Evaluierung eines Gesetzes, mit dem die Bundesregierung 2021 bereits die gravierendsten unlauteren Handelspraktiken verboten hat.
Die Evaluierung bietet aus Sicht der Fair-Handels-Bewegung die Chance, die Lücken des sogenannten Agrarorganisationen- und Lieferketten-Gesetzes zu schließen und das Gesetz um ein Verbot von Preisen unterhalb der Produktionskosten zu erweitern. Positiv ist daher, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium derzeit ein solches Verbot prüft.

Podcast fairtont. zum Thema
In unserer Podcast-Folge zum Weltladentag am 14. Mai 2022 unterhalten sich Solveig und Laura über die Hintergründe von Dumping-Preisen. Zu hören überall wo es Podcasts gibt und hier.