
Interview mit Gabi Ludwig von handtrade.
Weltladen-Dachverband: Was sind eure Erfahrungen mit Preis- und Kostendruck? Wie gelingt es euch trotzdem fair zu handeln?
Gabi Ludwig: Leider haben wir und vor allem unsere Partner im Süden die Erfahrung gemacht, dass der Preisdruck auch innerhalb des Fairen Handels extrem angestiegen ist. Wir selbst können hier nur dagegenhalten, indem wir unsere Kosten extrem niedrig halten.
Weltladen-Dachverband: Was ist deine Einschätzung: Warum gibt es überhaupt Preise unterhalb der Produktionskosten? Was sind die Erfahrungen eurer Handelspartner damit?
Gabi Ludwig: Dumping-Preise gibt es nur, weil die Kräfteverhältnisse nicht fair und gerecht verteilt sind. Ebenso weil viele Produzent*innen über zu wenig Information und Marktzugang verfügen. So können sie manipuliert werden nach dem Motto „lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“. Da wir die exklusiven Vertriebspartner von zwei unserer drei Partnerorganisationen sind, sind diese bislang nicht gezwungen, auf den „offenen Märkten“ zu agieren.
Wir verhandeln eigentlich gar nicht über Preise. Unsere Partner legen uns ihre Kalkulation vor, auf dem dann ihr Preis an uns beruht.
Weltladen-Dachverband: Wie laufen Preisverhandlungen innerhalb eurer Handelspartnerschaften ab? Wie entstehen Preise bei euch?
Gabi Ludwig: Wir verhandeln eigentlich gar nicht über Preise. Unsere Partner legen uns ihre Kalkulation vor, auf dem dann ihr Preis an uns beruht. Wir schreiben diese Kalkulation fort und legen unseren Partnern unsere Kalkulation dar. Gemeinsam schauen wir uns dann den Wiederverkäufer und Endkundenpreis an. Wo Produkte dann zu teuer erscheinen, versuchen wir gemeinsam, eine Lösung zu finden, ebenso bei Produkten, deren Preis angeglichen werden kann (Mischkalkulation).
Weltladen-Dachverband: Welche Rolle spielen existenzsichernde Einkommen in euren Handelsbeziehungen und in eurer Preisbildung?
Gabi Ludwig: Das ist für uns die Basis der Preiskalkulation. Wir bieten keine Artikel an, welche die existenzsichernden Einkommen nicht ermöglichen.
Weltladen-Dachverband: Wie geht ihr – im Vergleich zum konventionellen Handel – mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie um? Welchen Unterschied macht dies für eure Handelspartner?
Gabi Ludwig: Wir haben sowohl 2020 als auch 2021 keinerlei Aufträge storniert, teilweise höhere Vorauszahlungen geleistet oder z.B. auch durch die Aktion #fairwertsteuer Gelder für unsere Partner generiert. Ebenso haben wir Lieferungen abgenommen, die häufig stark verzögert ausgeliefert und angeliefert werden konnten. Daneben haben wir gemeinsam mit unseren Partnern versucht die Zeit zu nutzen, um neue Strategien, Werbematerialien etc. zu entwickeln und zu erstellen. Die Handelspartner haben dadurch eine Planungssicherheit.
Weltladen-Dachverband: Wie könnten sich eure Handelspartnerschaften in der Zukunft weiter entwickeln?
Gabi Ludwig: Zwei unserer Partner führen seit einiger Zeit richtungsweisende Projekte durch.
Global Mamas baut eine Fair Trade Zone in Ghana – CO²-neutral mit modernster Technologie, auch als Pilotprojekt für Westafrika, um zu zeigen, dass auch in den Ländern des Südens nachhaltig gearbeitet werden kann. Hier engagieren wir uns mit Spenden, Generierung von projektbezogenen Geldern und Finden von Kooperationspartnern (Ingenieure ohne Grenzen, Solartechniker…) und vor allem darum, durch den Absatz der Produkte den wirtschaftlichen Betrieb zu sichern.
SURITEX in Peru wird in diesem Herbst endlich eine jahrelang aufgebaute Wollverarbeitungsanlage in Betrieb nehmen. Damit wären wir sie eine der ersten WFTO-zertifizierten Firmen, die von der Wolle bis zum fertigen Produkt eine komplette Lieferkette abbilden können, die komplett in Peru stattfindet. Hier gründen wir im Moment eine Beteiligungsgesellschaft, um die nötigen Betriebsmittel von ca. 200.000 Euro generieren zu können. Die Möglichkeit, den Alpakabauern, die Wolle direkt abnehmen und für sie verarbeiten zu können, schafft einen extremen Multiplikatoreneffekt in der Region.