
MÄCHTIG unfair!
Im Jahr 2021 hat die Weltladen-Bewegung zusammen mit anderen Akteuren aus dem Fairen Handel und der Zivilgesellschaft wichtige Meilensteine erreicht. Mit dem Lieferkettengesetz und dem Gesetz gegen unfaire Handelspraktiken hat die Bundesregierung 2021 zwei zentrale politische Anliegen endlich umgesetzt. Der Weltladentag am 14. Mai 2022 bildete den Auftakt für die Weltladen-Bewegung, nun auf die nächsten Meilensteine hinzuwirken.

Denn: Schlechte Arbeitsbedingungen, Niedriglöhne und Menschenrechtsverletzungen sind noch immer Teil des Alltags vieler Menschen weltweit. Besonders absurd erscheint es, wenn einzelne Unternehmen immense Gewinne machen, während Produzent*innen am Anfang der Lieferkette um ihre Existenz kämpfen. Oft erhalten sie für ihre Bananen, ihren Kaffee, Kakao oder ihre Milch viel zu niedrige Preise, mit denen sie nicht einmal die Produktionskosten decken können. Der großen Macht- und Verhandlungsposition der Unternehmen können die Produzent*innen oft nichts entgegensetzen. Die Corona-Krise hat dies noch verstärkt. Weltläden in ganz Derutschland machen rund um den Weltladentag darauf aufmerksam: Das ist MÄCHTIG unfair!
Deshalb fordert die Weltladen-Bewegung: Dumping-Preise, die nicht einmal die Produktionskosten decken, müssen verboten werden! Stattdessen braucht es endlich eine gerechte Verteilung der Gewinne entlang der Lieferkette und existenzsichernde Einkommen weltweit.


Der Faire Handel macht es anders
Während der Corona-Krise sind Fair-Handels-Unternehmen an die wirtschaftliche Schmerzgrenze gegangen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Im Fairen Handel steht der Mensch im Mittelpunkt des Wirtschaftens. Die Organisationen des Fairen Handels versuchen, den bestehenden Machtungleichgewichten entlang der Lieferkette entgegenzuwirken. Produzent*innen werden bestärkt, für ihre Rechte einzutreten, damit eine echte Handelspartnerschaft entstehen kann. Fairer Handel bedeutet:
- Partnerschaftlicher Umgang und gemeinsame Lösungsfindung, vor allem in Krisenzeiten
- Verhandlungen und Preise, die im Dialog miteinander entstehen
- Transparenz durch Muster-Kalkulationen
- Stärkung von Gewerkschaften
- Beteiligung an Genossenschaften
- Förderung der Wertschöpfung vor Ort
- Planungssicherheit durch langfristige Zusammenarbeit
Uns ist es wichtig, dass wir den Erzeuger*innen immer Preise zahlen, die deutlich über der Kostendeckung der Ernte- bzw. Herstellungskosten liegen.
Preise werden im Fairen Handel möglichst transparent und im Dialog miteinander gebildet. Der Faire Handel will zu Arbeitsbedingungen beitragen, die den Produzent*innen eine nachhaltige Produktion und eine angemessene Gewinnmarge ermöglichen. Existenzsichernde Einkommen und Löhne spielen dabei eine zentrale Rolle.
Es erfolgt eine partnerschaftliche Preisfindung und es werden Mindestpreise und Prämien für gemeinschaftliche Projekte und Aufpreise für biologisch angebaute Produkte gezahlt. Damit können die Produzent*innen Mehrarbeit und zusätzliche Kosten abdecken, die durch eine Umstellung auf biologischen Anbau entstehen.
Der Weltladen-Dachverband hat einige Fair-Handels-Unternehmen gefragt, wie es ihnen gelingt, trotz Preis- und Kostendruck faire Handelsbeziehungen gestalten:
Interview mit Thomas Hoyer von WeltPartner eG
Interview mit Melanie Frassen von fairafric
Interview mit Amos Bucher von fairfood Freiburg
Interview mit Gabi Ludwig von handtrade
Interview mit Veselina Vasileva von der GEPA
Interview mit Eliott Martin von Moogoo Creative Africa
Interview mit Andrea Krenz von AKAR
Interview mit Salem El-Mogaddedi und Gernot Würtenberger von Conflictfood
Beim gesamten GEPA-Sortiment streben wir existenzsichernde Einkaufspreise als Grundlage für die Kalkulation an, um ein würdiges Auskommen für unsere Handelspartner zu erreichen.
Verbot von Dumping-Preisen an Produzent*innen notwendig
Im Mai 2021 hat die deutsche Bundesregierung die EU-Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken umgesetzt und das „Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich“ verabschiedet. Es verbietet einige schwerwiegende unfaire Handelspraktiken im globalen Agrar- und Lebensmittelhandel, wie zum Beispiel kurzfristige Stornierung von Bestellungen. Doch das Gesetz geht nicht weit genug. Es ist Unternehmen und Händlern nicht verboten, Produzent*innen Preise zu zahlen, die ihre Produktionskosten nicht decken (Dumping-Preise).
Dabei wäre ein solches Verbot durchaus möglich: Die spanische Regierung hat 2020 im Zuge der Umsetzung der EU-Regulierung den Einkauf unterhalb der Produktionskosten in den meisten Agrarlieferketten verboten. So wird der Preis nicht von oben herab von den Unternehmen bestimmt, sondern kann von den Erzeuger*innen am Beginn der Lieferketten her gebildet werden.
Auch in Deutschland gibt es Hoffnung auf eine Nachbesserung des Gesetzes. Spätestens im Juni 2023 will die Bundesregierung das Verbot im Rahmen einer Evaluierung des Gesetzes prüfen. So steht es auch im Koalitionsvertrag.
Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
Ein Verbot von unfairen Handelspraktiken inklusive des Verbots des Einkaufs unter Produktionskosten würde existenzsichernden Löhnen und Einkommen für die Produzent*innen von Bananen, Kaffee, Kakao oder Milch Vorschub leisten. Es muss zudem Hand in Hand gehen mit einem starken deutschen und europäischen Lieferkettengesetz. Denn Einkaufs- und Preispraktiken sind ein wichtiger Bestandteil der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfalt von Unternehmen. Ohne ein ausreichendes Einkommen ist Menschen ein Leben in Würde und die Sicherung ihrer Existenz nicht möglich. Das stellt einen klaren Menschenrechtsverstoß dar.

Podcast fairtont. zum Weltladentag
Passend zum Weltladentag gibt seit dem 14. Mai eine neue Folge des Podcasts fairtont. zum Thema Dumping-Preise. Zu hören überall wo es Podcasts gibt und hier.