
Not durch Stillstand
In Paraguay wurden – ähnlich wie in Deutschland – schon frühzeitig die Geschäfte und Schulen geschlossen, strikte Ausgangsbeschränkungen eingeführt sowie die Landesgrenzen geschlossen. Dies hat bisher zu einer relativ geringen Anzahl von Infizierten geführt und das Land vor einer Infektionskatastrophe bewahrt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des kompletten Stillstands aber treffen die Bevölkerung hart, insbesondere die vielen Menschen, die im informellen Sektor arbeiten.
Im April stellte die Regierung erstmals Lebensmittelpakete zur Verfügung, die vor Ort von Organisationen wie „Estación A“ verteilt wurden. Seit kurzem sind die ersten Geschäfte wieder geöffnet, doch außer lebensnotwendigen Artikeln wird kaum etwas gekauft.
Estación A
„Estación A“ engagiert sich als Verein für die Förderung solidarischer Ökonomie, soziokultureller und umweltgerechter Entwicklung. Die Organisation unterstützt Kunsthandwerker vor Ort mit Förderprogrammen, achtet auf die Einhaltung der Grundsätze des fairen Handels und übernimmt für die Silberschmiede die Abwicklung der Verkäufe nach Deutschland, wofür der Verein einen kleinen Teil des Umsatzes erhält.
Durch das Arbeitsverbot waren der Verein und damit auch der vereinseigene Laden, in dem ebenfalls Silberschmuck angeboten wird, von Anfang März bis vor kurzem geschlossen und alle Projektaktivitäten sind zum Erliegen gekommen. Jetzt kommt es darauf an, trotz der weiterhin bestehenden Beschränkungen neue Projekte umzusetzen, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten.

Keine Aussichten auf Besserung für die Silberschmiede
Die zehn Silberschmiede der „Asociación de Joyeros de Valle Pucú“ leben und arbeiten in Areguá wo sie sich für das Ziehen der Silberfäden auch eine kleine Werkstatt teilen. Für die meisten Familien ist der Schmuckverkauf das einzige Einkommen. Neben dem Export über den Fairen Handel, den sie mit Hilfe des Kulturvereins „Estación A“ organisieren, verkaufen sie ihren Schmuck auch im Inland, besonders über die Läden im Nachbarort Luque, der in der Nähe des internationalen Flughafens liegt und bei Einheimischen wie Touristen für filigranen Silberschmuck bekannt ist.
Doch Touristen kommen jetzt keine mehr. Die Hauptsaison fiel genau in die Zeit des Lock-Downs. Die Grenzen bleiben weiterhin geschlossen und den Einheimischen fehlt das Geld, um jetzt ausgerechnet Schmuck zu kaufen.
Im Moment erhalten die Kunsthandwerker nur Gelder aus den Verkäufen aus Deutschland. Filigrana, die den Schmuck aus Paraguay nach Deutschland importieren und die Weltläden beliefern, haben in der Krise zusätzliche Vorauszahlungen für zukünftige Bestellungen an die Kunsthandwerker geleistet. Doch die Möglichkeiten sind begrenzt, und auch hier sind Verkaufseinbrüche zu verzeichnen. Das Schmucklager ist gut gefüllt, der Ausfall der Verkaufsmessen, die Filigrana sonst üblicherweise besucht, macht sich bemerkbar.

„Zum Glück funktionieren Lebensmittelverteilung und gegenseitige Hilfe“ sagt Gabriele Frers, Leiterin der Estación A. Doch die Kunsthandwerker wissen, dass sie sich auf eine lang andauernde Krise einstellen müssen: Silberschmuck zählt nicht zu den lebensnotwendigen Gütern und mit Touristen ist in den nächsten Monaten nicht zu rechnen. Auch die Angst vor dem Einschleppen von Infektionen aus dem Nachbarland Brasilien, dessen lange Grenze mit Paraguay praktisch nicht zu kontrollieren ist, ist groß.