
Kiboko: Kreativ in der Krise
Plötzlich abgeschnitten
Bei Kiboko Leisure Wear in Nairobi arbeiten üblicherweise ca. 80 Personen in der Herstellung von Kleidung und anderen Textilien aus Baumwolle. Das Fair-Handels-Unternehmen besteht seit 1996 und liegt gerade noch innerhalb der Stadtgrenze von Nairobi. Wie viele andere Bewohner*innen der 4-Millionen-Stadt wurden die Angestellten Anfang April vom kurzfristig verhängten Corona-Lockdown überrascht. Die Stadt wurde abgeriegelt, niemand durfte hinein oder heraus. Mitarbeiter*innen, die außerhalb der Stadtgrenze wohnen, konnten plötzlich nicht mehr zu Arbeit kommen. Einige Arbeiter*innen trauten sich auch aus Angst vor der Polizei nicht auf die Straße.
Ohne Mundschutz kein Ausgang
Immerhin hat Kiboko es geschafft, nicht ganz schließen zu müssen: Ein Viertel der Belegschaft näht nun Alltagsmasken. Die Produktion des Mund-Nasen-Schutz aus Biobaumwolle wurde vom Fair-Handels-Importeur WeltPartner in Deutschland beauftragt. Das Besondere ist: Für jede dieser Masken, die in Deutschland gekauft wird, wird zusätzlich eine zweite produziert und in Nairobi an Menschen ausgegeben.
Das ist wichtig, denn das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung beim Verlassen des Hauses, in Geschäften und Fahrzeugen ist Pflicht in Nairobi. Wer keine Maske dabei hat, riskiert hohe Geld- und sogar Haftstrafen. Und dass die Polizei gegebenenfalls hart durchgreifen kann, hat sie bereits zu Beginn der Pandemie bewiesen, als Polizisten teils mit Schlagstöcken und Tränengas versuchten, die Ausgangssperre durchzusetzen.
Eine Ausgangssperre einzuhalten ist so gut wie unmöglich für Menschen, die auf den Tagesverdienst angewiesen sind um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Homeoffice, bezahlten Urlaub oder Kurzarbeitergeld gibt es in den dicht besiedelten sogenannten „Slums“, wo ca. 60 % der Stadtbevölkerung leben und das Virus sich schnell verbreiten könnte, nicht.
Lieferketten durchbrochen
Der Personenverkehr in und aus Nairobi und erst recht der Verkehr zwischen Kenia und den Nachbarländern ist noch immer stark eingeschränkt oder gar verboten. Dadurch ist der bürokratische Aufwand für den Export größer geworden und es konnte kein Nachschub an Biobaumwolle aus Tansania besorgt werden. Bei Kiboko nutzte man daher Stoffe aus dem eigenen Lager, die in kleineren Mengen vorhanden waren – und näht die Mund-Nasen-Bedeckungen in vielen verschiedenen Farben.
Auch für Kiboko war der lokale Markt und insbesondere das Geschäft mit Wiederverkäufer*innen aus dem Tourismussektor eine wichtiger Geschäftsbereich, der jetzt plötzlich fehlt. „Viele Leute haben ihre Jobs verloren und viele Firmen werden pleite gehen“, lautet auch die Einschätzung von Sabine Hüster, Gründerin von Kioboko Leisure Wear aus Nairobi.
Unterstützung durch Fair-Handels-Prämien
Über den firmeneigenen Sozialfonds „KIBOS“ konnten nun kurzfristig bedürftige Arbeiter*innen unterstützt werden. Unter anderem die Fair-Trade-Prämie – ein essentieller Teil der Preisgestaltung im Fairen Handel – fließt hier ein. Es wurden Lebensmittel und Gas zum Kochen gekauft, Mieten und Überbrückungsgelder gezahlt und Transportkosten für den öffentlichen Nahverkehr übernommen. Der funktioniert zwar wieder, jedoch sind die Fahrpreise wie auch die Kosten für Lebensmittel und andere lebensnotwendigen Güter deutlich angestiegen. Daher wurden mit Hilfe des Fonds auch Kleinvieh und sogar eine Kuh zur Selbstversorgung angeschafft.