Weltläden Bornheim: Aus Eins mach Zwei – Aus Zwei mach Eins
Für diese Folge unserer Reihe haben wir mit Stefan Diefenbach gesprochen, dem Leiter der beiden Weltläden in Bornheim.
Stefan, bitte stell euren Laden in Frankfurt Bornheim kurz vor. Es gibt euch bereits seit 2005, richtig?
Ja, im September 2005 haben wir in der belebten Einkaufsstraße, der Berger Straße im Frankfurter Stadtteil Bornheim, den Weltladen eröffnet. Initiatorin war die Eine-Welt-Gruppe der benachbarten, katholischen Pfarrei St. Josef. Die Eine-Welt-Gruppe verkaufte seit Jahren schon fair gehandelte Waren nach dem Gottesdienst. Der Weltladen wurde bereits 2005 nach dem neuen Ladenbau-Konzept „Weltladen 2006“ gestaltet. Auf den gut 70 m² haben wir Food und Non-Food verkauft, beim Umsatz war das ca. 50:50 im Jahresdurchschnitt. Wir haben durch die Jahre hindurch immer ein sehr buntes Team gehabt, Student:innen bis Rentner:innen, Menschen aus verschiedenen, auch außereuropäischen Ländern
Ihr habt eine Zeit großer Veränderungen hinter euch, genauer gesagt sind es zwei große Veränderungen. Was genau hat euch in den letzten Monaten beschäftigt?
Aus Zwei mach Eins: die Weltladen Bornheim GmbH fusioniert mit der Weltladen Betreiber eG. Klingt einfach, war aber sehr viel bürokratischer Aufwand „hinter den Kulissen“. Der Prozess wird zum 30.06.2023 abgeschlossen. Ab dem 01.07.2023 wird es dann „nur“ noch die Genossenschaft als Trägerin geben.
Aus Eins mach Zwei: das benachbarte Ladenlokal wurde frei und wir konnten es ebenfalls anmieten. In den kleineren, neuen Laden „Weltladen Fairer Genuss“ sind die Lebensmittel und die Kaffeemaschine „umgezogen“. Der „alte“, ebenfalls umgestaltete Laden heißt jetzt Weltladen Fair Fashion. Dort gibt es eine große Auswahl an Kleidung, Taschen, Schmuck, Accessoires, Strümpfen, Hausschuhe …
Was genau war der Grund für die Entscheidung, den Laden unter das Dach der Weltladen Betreiber Genossenschaft schlüpfen zu lassen?
Für so einen „Neu-Start“, zwei Läden, mehr Fashion, braucht es viel Expertise in unterschiedlichen Bereiche, von Sortimentsplanung bis Controlling, und Kapital für Investitionen. Da Ursula und ich schon lange mit den Verantwortlichen der Genossenschaft zusammenarbeiten, wußten wir, dass wir beides dort finden werden. Die Genossenschaftsform passt auch besser als eine GmbH zu unserer Bewegung.
Wie wirkt sich dieser Wechsel der Trägerschaft ganz praktisch auf deinen Arbeitsalltag aus?
Ich muss jetzt gerade viel lernen! Viele Arbeitsabläufe müssen eine neue Routine bekommen. Es gibt ein neues Kassen- und Warenwirtschaftssystem, in dem ich mich zurecht finden muss. Manchmal raucht mir der Kopf. Es läuft noch nicht alles „knirsch-frei“, aber es ruckelt sich zurecht. Es gibt reichlich Unterstützung durch die Verantwortlichen der Genossenschaft und die Filialleitungen der anderen Genossenschafts-Weltläden.
Was war die größte Herausforderung, nachdem ihr die Entscheidung für den zweiten Laden getroffen und in den Renovierungs- und Eröffnungsprozess gestartet seid? Und was war besonders motivierend?
Eine große Herausforderung war, die Ehrenamtlichen bzw. die Freiwilligen, wie sie in der Genossenschaft genannt werden, mitzunehmen und für das neue Konzept und das neue Kassensystem zu begeistern. Und darüber hinaus: neue Freiwillige zu gewinnen, denn wir benötigen jetzt die doppelte Anzahl. Bis jetzt ist niemand von den „alten“ Freiwilligen abgesprungen und es kommen neue dazu!
Auch die Aufgabenverteilung zwischen Ursula und mir zu gestalten, braucht Zeit und Geduld und Ideen und Humor! Mehr als 17 Jahre Zusammenarbeit kommen uns da schon zugute.
Motivierend ist das große Engagement der Freiwilligen in diesem Prozess und die positiven Rückmeldungen von Kundinnen und Kunden.
Was kannst du Weltläden mitgeben, die ebenfalls vor der Entscheidung stehen, für Faire Mode einen zweiten Laden zu eröffnen?
1. Standort gut prüfen, 2. mit anderen Fashion-Weltläden sprechen und evtl. diese Läden besuchen, 3. Modeläden in der Umgebung anschauen und sich von der Präsentation der Ware inspirieren lassen, 4. Mitarbeiter*innen finden, die Freude daran haben, faire Mode zu verkaufen, 5. eigene Liquidität anschauen (zwei Mal im Jahr muss man richtig viel Geld haben, um die Kleidung für die Saison Herbst/Winter und Frühjahr/Sommer einzukaufen, 6. Fachwissen aneignen.
Oh, ich hoffe, dass es nicht demotiviert…. Es motiviert vielleicht, die Punkte anzugehen, wenn man daran denkt, wie viele Produzent:innen davon profitieren, wenn wir mehr Fashion verkaufen. Es ist doch toll, dass der Faire Handel nicht ausschließlich mit Kaffee, Tee und Schokolade handelt!!! Es ist toll, dass ein neuer Bereich im Fairen Handel dazu kommt bzw. wächst.