Bestens vernetzt: Der Weltladen Remagen-Sinzig
Frau Olesen, stellen Sie doch bitte Ihren Laden kurz vor.
Unseren Weltladen gibt es seit 1981 unter dem Dach der Evangelischen Kirchengemeinde Remagen-Sinzig. Die Mitarbeitenden müssen aber nicht konfessionell oder kirchlich gebunden sein. Unser Motto lautet von Beginn an „Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung“, es ist aktueller denn je. Wir wollen aufmerksam machen auf die Idee des Fairen Handels und das sowohl über den Verkauf fair gehandelter Produkte als auch über Bildungsarbeit. Bei uns aktiv sind aktuell ca. 20 Frauen, alle rein ehrenamtlich. Seit rund 4 Jahren verkaufen wir nicht nur im Laden, sondern auch auf Marktveranstaltungen und erreichen andere und mehr Menschen als allein mit dem Laden.
Ihr wart in diesem Jahr für den Fair Trade Award in der Kategorie „Publikumspreis“ nominiert. Wie kam es dazu?
Fairtrade Deutschland fiel unser breites Engagement und unsere Medienpräsenz auf. Zusätzlich zum Publikumspreis waren wir auch für den Preis für zivilgesellschaftliches Engagement nominiert. Das macht uns sehr stolz.
In 2022 hatten wir bereits den Brückenpreis des Landes Rheinland-Pfalz für besonderes bürgerschaftliches Engagement erhalten.
Ihr verkauft nicht nur fair gehandelte Waren, sondern engagiert euch auch politisch, informiert zum Fairen Handel und führt Veranstaltungen durch. Wir schafft ihr es, das alles unter einen Hut zu bringen? Und welche Aktionen aus den letzten Jahren waren besonders erfolgreich?
Der Faire Handel ist politisch und so versuchen wir in lokalen und auch in überregionalen Kreisen die Idee des Fairen Handels zu verbreiten. Dass Remagen Fairtrade Stadt wurde, ist vor allem auf unsere Initiative geschehen. Für uns halten sich Verkauf und politische Arbeit die Waage – beides befruchtet sich auch gegenseitig. So konnten wir durch unser verstärktes politisches Engagement auch neue Menschen erreichen und den Umsatz steigern.
Wir haben ein sehr motiviertes Frauenteam. Es geht mehrere Unterteams mit eigenen Schwerpunkten, etwa die Marktfrauen oder Frauen, die sich vor allem in der Bildungsarbeit engagieren. Aber alle machen immer auch einmal andere Sachen, so dass es nie langweilig wird.
Ein besonderes Highlight in diesem Jahr war eine Lesung mit Dietmar Bär, die sehr gut angenommen wurde. Es kamen 7000 Euro Spenden für das Projekt Mango Tango des Tatortvereins Straßen der Welt e.V. zusammen. Und ein besonderer Erfolg ist die immer weitergehende Vernetzung – immer mehr Vereine und andere Institutionen werden auf uns aufmerksam und sind interessiert, mehr über den Fairen Handel zu erfahren oder bei uns regelmäßig faire Waren zu beziehen.
Ihr seid recht gut vernetzt. Habt ihr vielleicht Tipps für Weltläden, die ihr politisches Engagement ausbauen möchten?
Schaut, wo Menschen sich sonst engagieren – bei der Nachbarschaftshilfe, im Naturschutz, in der Bildungsarbeit – da gibt es immer Überschneidungen mit der Idee des Fairen Handels. Die meisten Vereine und Engagierten, aber auch Unternehmen und Schulen, freuen sich sogar über Input von außen. Ehrenamtliche können sich wunderbar ergänzen. Wenn sich Leute aus mehreren Organisationen beteiligen, sind Veranstaltungen leichter zu stemmen und man erreicht neue Zielgruppen. Als weiteren Punkt ist eine gute Öffentlichkeitsarbeit zu nennen. Jedes Event sollte mit Fotos und Text veröffentlicht werden – zumindest auf der Webseite oder im Newsletter, idealerweise auch über die örtliche Presse. Auch wenn nicht immer alles gedruckt wird, die Presse registriert das. Auch Journalist*innen freuen sich immer über Input, wenn es mal etwas Neues zu berichten gibt.
Wie blickt ihr in die Zukunft? Gibt es etwas, das ihr in den nächsten ein bis zwei Jahren erreichen möchtet?
Unser Ziel ist, dass in der Region noch mehr Unternehmen und öffentliche Einrichtungen fair einkaufen. Zudem unterstützen wir gerne Kindergärten und Schulen bei der Zertifizierung zur Fairtrade School oder fairen Kita.
Gibt es sonst noch etwas, das ihr über euch erzählen möchtet?
„Weltladen“ hat für viele leider ein etwas biederes Image, viele denken da an die Läden aus den 80ern. Wir wünschen uns viel mehr Innovation in der Weltladen-Bewegung. Es braucht unbedingt neue Strategien, die junge Menschen besser ansprechen. Denn aktuell sind Kund*innen wie auch Engagierte zum Großteil 55+.