
Interview mit Caroline Link
Diese baute stattdessen eine Straße, um eine Anbindung an die nächstgrößte Stadt zu schaffen. 2014 engagierte sich die Regisseurin in der Jury von „REC A<FAIR“*, einem Kurzfilmwettbewerb zur Förderung des Fairen Handels.
Was hat Sie an dem Kurzfilmwettbewerb interessiert?
Ich habe eine große Affinität zum Globalen Süden und war für meine Kinofilme vor allem in Nordafrika und Kenia viele Monate unterwegs. Es interessiert mich, was mit diesen Ländern geschieht und wie ich persönlich dazu beitragen kann, dass westliche Industriestaaten aufhören, sich auf Kosten dieser Länder zu bereichern. Ich habe aus Neugier in der Jury mitgearbeitet. Ich wollte sehen, wie junge Filmemacher*innen das Thema „Fairer Welthandel“ aufgreifen und was sie in der kurzen Zeit daraus machen. Es gab unglaublich viele Einreichungen und ich war sehr beeindruckt von der Fantasie und dem Ideenreichtum der Beiträge. Filme gucken ist für mich immer Inspiration. Dabei geht es nicht nur um das Thema, sondern genauso um die filmischen Mittel, die die Macher*innen einsetzen, um eine Idee wirkungsvoll umzusetzen.
Können Filme etwas verändern?
In unserer medienüberfluteten Welt muss man eine ziemliche Knalleridee haben und die auch relativ laut in die Welt rufen, damit sie gesehen und gehört wird. Am besten gelingt das sicher über Emotionen, die wir bei den Betrachter*innen auslösen. Ich denke schon, dass Filme auf unterhaltsame oder bewegende Weise Themen an die Menschen heranbringen können, die ihr Bewusstsein schärfen und sie zu mehr Eigenverantwortlichkeit anstiften. Man fühlt sich ja oft ziemlich ohnmächtig und ich denke, diese kurzen Filme konnten zeigen, dass man als Einzelne*r Teil des großen Ganzen ist und sehr wohl etwas bewirken kann.
Was waren Ihre eindringlichsten Erfahrungen beim Dreh in Kenia und Marokko?
Wenn man ein künstlerisches Projekt in einem anderen Land durchführt, ist es wichtig, mit großer Offenheit und Freude an dem Fremden in die Länder zu reisen. Man muss bereit sein, das Unbekannte wertzuschätzen, ohne von vorne herein alles besser zu wissen. Es ist dieser bewertungsfreie Blick, den ich als sehr bereichernd empfinde. Wahrscheinlich wäre meine Forderung oder mein Vorschlag, dass die Menschen reisen, so oft es nur geht, um Zusammenhänge besser zu begreifen. Wenn man einmal selbst gesehen hat, was für eine harte Arbeit es ist, Kaffeebohnen oder Tee zu ernten und dann erklärt bekommt, dass das Überleben dieser Feldarbeiter*innen im Wesentlichen von abstrakten Weltmarktpreisen abhängt, dann hat das eine völlig neue Bedeutung. Dann geht es nicht mehr nur um Schlagworte, sondern um menschliche Schicksale.
Die ganze Welt geht mich was an. Ich bin ein Teil von dieser Welt und möchte mit meinem Reichtum und meinem privilegierten Leben dazu beitragen, dass die Welt ein Stück gerechter wird.
Was ist für Sie das Besondere an Weltläden?
In Weltläden kaufe ich besonders gerne Geschenke. Wenn ich für Freund*innen eine kleine Aufmerksamkeit oder ein Geburtstagsgeschenk brauche, kann ich irgendeinen Klimbim kaufen, den niemand braucht. Oder ich kann mich dafür entscheiden, in einen Weltladen zu gehen und etwas Individuelles zu kaufen, etwas Besonderes, was liebevoll gestaltet ist und auch noch einen guten Zweck erfüllt. Dann ist es nicht nur ein hübsches Geschenk, was ich mitbringe, sondern es ist auch Ausdruck meiner persönlichen Haltung.
ZUR PERSON
Caroline Link wurde 1964 in Bad Nauheim geboren. Zu den bekanntesten Filmen der Regisseurin gehören „Jenseits der Stille“, „Pünktchen und Anton“ und „Exit Marrakech“. Ihr Spielfilm „Nirgendwo in Afrika“ wurde 2003 als bester fremdsprachiger Film mit einem Oscar ausgezeichnet.