Ein Mann erntet gelbe Kakao-Schoten von einem Kakao-Baum
Öko-Kakaobauer Luis Jonathan Callo Arcega bei der Ernte von „Chuncho“-Ur-Kakao | Quelle: PERÚ PURO
Kundenmagazin Winter 2020

Kakaoanbau in Peru: Regenwaldschutz, Fairer Handel und Genuss

Autor: Dr. Arno Wielgoss

Über 60 Prozent des weltweiten konven­tionellen Kakaos werden in Ghana und Côte d‘Ivoire angebaut. Allein hier arbeiten 2,2 Millionen Kinder im Kakaosektor unter ausbeuterischen Bedingungen. Auch Erwach­sene verdienen nur etwa 0,78 US-Dollar pro Tag, weit weniger als das existenzsichernde Einkommen von 2,51 US-Dollar [1]. Schon jetzt sind mehr als 90 Prozent der Regenwälder Ghanas und der Côte d‘Ivoire verschwunden, maßgeblich getrieben vom Kakaoanbau [2].

Dabei ist es möglich, die Kakaoherstellung sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltig zu gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, sind eine andere landwirtschaftliche Praxis, das Handeln auf Augenhöhe mit den Ka­kaoproduzent*innen und letztendlich auch eine Änderung des Verbraucherverhaltens notwendig.

Monokultur und Brandrodung im Kakaoanbau

Im konventionellen Bereich wird Kakao in Monokulturen und fast ohne Schattenbäu­me angebaut. Unterwuchs wird entwe­der arbeitsintensiv von Hand oder teuer und schädlich mit Ackergiften bekämpft. Die Anbauflächen werden meist durch Brandrodung von Regenwäldern landwirt­schaftlich nutzbar gemacht. Brandrodung zerstört nicht nur die Regenwälder und die Lebensgrundlage von Menschen und Tieren, sondern auch die Böden, weil Bodenorganismen vernichtet werden. In den dicht stehenden Kakaobäumen breiten sich Krankheiten und Schädlinge ungehin­dert aus. Weltweit werden ca. 40 Prozent der Kakaoernte durch Krankheiten und Schädlinge vernichtet [3]. Zudem nimmt die Bodenfruchtbarkeit rapide ab, weil Mono­kulturen den Böden übermäßig Nährstoffe entziehen. Wenn Bewässerung, Pestizide und Kunstdünger nicht mehr helfen, werden neue Regenwälder gerodet. Ein Teufelskreis.

Mischkultur und Vielfalt in Peru

Das Fair-Handels-Unternehmen PERÚ PURO und sein peruanischer Partner, die 45-köpfige Kakaobauern-Kooperative APECMU, zeigen, dass es anders geht. Zu­sammen haben sie sogenannte Agroforst­systeme entwickelt, in denen Kakao neben vielen anderen Pflanzen wächst. Durch die artenreichen Mischkulturen werden für die Landwirtschaft verlorene Böden wieder nutzbar gemacht und die Bodenfruchtbar­keit bleibt dauerhaft erhalten. In diesen Kakaogärten werden bis zu 70 verschiede­ne Baumarten gepflanzt, zwischen denen sich Kakaobäume besonders wohlfühlen. In den letzten 20 Jahren konnten so über 1,5 Millionen Bäume gepflanzt und damit gut 120 Hektar Monokulturen in Agroforstsys­teme umgewandelt werden. Das eigentliche Geheimnis findet sich aber unterhalb der Kakaobäume, wo Bodendeckerpflanzen das Erdreich festhalten, den Boden durchlüften, Nährstoffe anreichern und die Austrock­nung verhindern. So können diese Flächen dauerhaft bewirtschaftet werden und neben der Kakao- auch der Nahrungsmit­tel- und Holzproduktion dienen.

Da auf diese Weise zahlreiche nachhaltige Einkommensquellen geschaffen werden, können die Familien ihre verbliebenen über 900 Hektar (!) Bergregenwald schützen und leisten so einen sehr wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Betrachtet man den Gesamtertrag des Agroforstsystems – also die Wertschöpfung von Kakao, die Holzproduk­tion, den Anbau von Früchten und Gemüse und den wegfallenden Kauf von Dünger und Pestiziden – so liegt er deutlich höher als der von konventionellen Monokulturen. Dadurch können die Kinder der Familienganzjährig zur Schule gehen und sind nicht gezwungen, zum Familieneinkommen beizutragen.

Alte Edelkakaosorten statt Hochleistungssorten

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die be­sonders hohe Qualität des Kakaos. Wie bei vielen anderen Früchten gab es auch bei Kakao ursprünglich eine hohe Sortenvielfalt. Heute werden weltweit beinahe aus­schließlich Hochleistungssorten angepflanzt, die auf Massenerträge und Krankheitsre­sistenzen, nicht aber auf einen besonders guten Geschmack gezüchtet wurden. Nur im abgelegenen Urubambatal in Peru hat sich der seltene Ur-Kakao Chuncho erhal­ten. In dieser Region wurde Kakao vor ca. 6.000 Jahren zum ersten Mal von Matsi­guenga-Ureinwohnern angebaut. Genau dieser seltene und geschmacklich einzigartig fruchtige Chuncho wird heute von der Ko­operative APECMU gezielt nachgepflanzt.

Hochwertiges Lebensmittel statt billiger Massenware

Im konventionellen Kakaoanbau wird kein Wert darauf gelegt, die Qualität des Kakaos zu steigern oder in Regenwaldschutz zu investieren, weil der Preisdruck immens ist. Das führt häufig dazu, dass auch bei der Weiterverarbeitung der geernteten Früchte Abstriche gemacht werden. Die Koopera­tive APECMU wählt einen anderen Weg und führt die Ernte-Nachbereitung, die für eine hohe Qualität entscheidend ist, zentral durch. Der frische Kakao wird von den Höfen abgeholt, von Hand selektiert und dann in der kleinen Anlage der Kooperative temperaturkontrolliert fermentiert und fachgerecht getrocknet.

Wertschöpfung vor Ort statt Rohkakao-Export

Mit Hilfe der Schmitz-Stiftung konnte PERÚ PURO im Urubambatal eine kleine Weiterverarbeitungsanlage installieren. Alle Produkte, die zu 100 Prozent aus Kakao bestehen, wie Bohnen, Nibs, Tee und Kakaomasse, können jetzt direkt vor Ort von der Frauengruppe der Kooperative hergestellt werden. Lediglich die Chuncho Gold Gourmetschokolade wird bei einem Edelchocolatier in der Schweiz hergestellt, um den klimaschädlichen Kühltransport aus Peru zu vermeiden.

Fairer Preis und direkter Handel

PERÚ PURO kauft den Kakao direkt bei der Kooperative der 45 Kleinbauernfamilien ein und finanziert die Ernte zu Beginn des Jahres komplett vor, damit die Kooperative keine Kredite aufnehmen muss. Der gezahlte Preis orientiert sich nicht am Welt­marktpreis, sondern an der Qualität der Produkte. PERÚ PURO zahlt den Koope­rativen-Mitgliedern mehr als das Doppelte des Mindestpreises, der sonst für Bio-Kakao mit Fairtrade-Siegel gezahlt wird.

Weniger ist mehr

Billig ist konventionelle Schokolade nur, weil die Kosten der Regenwaldzerstörung und die Ausbeutung der Menschen sich nicht im Preis wiederfinden. Werden negative Effekte durch den ökologischen Anbau, den direk­ten Handel und sehr hohe Erzeugerpreise vermieden, wird Schokolade teurer. PERÚ PURO und APECMU arbeiten gemein­sam daran, dass Verbraucher*innen zu der Erkenntnis gelangen, lieber eine sortenreine Edelschokolade und hochwertige Kakao­produkte mit gutem Gefühl und hervor­ragendem Geschmack zu genießen, statt billige Massenware zu konsumieren. Sie können so dazu beitragen, den Regenwald zu schützen und eine Handelspartnerschaft auf Augenhöhe zu unterstützen.


Zur Person

Dr. Arno Wielgoss ist zu­sammen mit Dr. Frauke Fischer Gründer und Geschäftsführer der PERÚ PURO GmbH. Als Tropenagrarökologe hat er jahrelange Arbeitserfahrung in Südostasien und Lateinamerika.


Quellen

[1] Fountain, A.C. und Hütz-Adams, F. (2018): Kakao-Barometer 2018

[2] Kroeger, Alan et al. (2017): Eliminating Deforestation from the Cocoa Supply Chain, March 2017

[3] Ploetz, R.C. (2007): Cacao diseases: Important threats to chocolate production worldwide. Phytopathology, 97, 1634–1639     

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Stand: 10/2022

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