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Ordnungsmuster in Organisationen

Organisationen sind mehrdimensional. Sie werden von verschiedenen Faktoren wie Gemeinschaft, Hierarchie, Markt etc. gesteuert bzw. geordnet.

Roland Kunkel nennt fünf Ordnungsmuster: Gemeinschaft, Hierarchie, Markt, Netzwerk und Chaos. Alle fünf Faktoren sind für eine Organisation nötig und in ihr wirksam. Die Balance zwischen den verschiedenen Ordnungsmustern entscheidet über die Leistungsfähigkeit der Organisation. Ist ein Ordnungsmuster nicht ausgeprägt oder übergewichtig in seiner Bedeutung für die Organisation, kann das dysfunktional sein.

Bewährte Ordnungen werden immer wieder von unzufriedenen Anspruchsgruppen (Kund*innen, Mitarbeiter*innen, Importorganisationen, Produzent*innen und vom Wettbewerb in Frage gestellt und müssen daher ständig optimiert werden. Dies geschieht durch transparente, diskursive Auseinandersetzungen und Ordnung in den Zuständigkeiten und Arbeitsabläufen.

Die fünf Ordnungsmuster (zusammengestellt nach Kunkel und Baumfeld)

Gemeinschaft

  • Gemeinsame Bezugspunkte und gemeinsame gelebte Werte.
  • Es gibt Grenzen, die Nichtzugehörige ausschließen.
  • Gegenseitige menschliche Anteilnahme, Solidarität, Geben und Nehmen werden nicht gerechnet, die Ressourcen werden gerecht verteilt.
  • In der Regel gilt: Jede*r nach ihren*seinen Fähigkeiten, jeder*m nach ihren*seinen Bedürfnissen.
  • WIR-Gefühl als Bindungskraft, aber auch als Gefühl existenzieller Abhängigkeit voneinander.
  • Vertrautheit und Selbstvergewisserung durch Rituale und Symbole, die die Gemeinschaft auf Dauer tragen.

Hierarchie

  • Ordnungsmuster, das die Regeln, Abläufe und Handlungsspielräume in der Organisation beinhaltet.
  • Es gibt eine anerkannte, legitimierte Führung, die auf Kompetenz beruht.
  • Wechselspiel von Führen und Folgen, Weisungen werden befolgt.
  • Die Funktion der Hierarchie ist es, durch klare Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse die Geschwindigkeit von Entscheidungsfindungen zu erhöhen.

Markt

  • Denken in Produkten oder Dienstleistungen.
  • Regelung durch Angebot und Nachfrage.
  • Im Markt geht es um Nutzentausch: Für welche Probleme bieten wir den Nutzen, haben wir die Lösung? Dies erfordert eine Profilbildung.
  • Markt ist das Außen der Organisation wie Kund*innen, Lieferanten etc.
  • Markt meint auch den inneren Wettbewerb um Ideen, Ressourcen etc.
  • Fairer Wettbewerb führt zu Innovationen, schafft Auswahl und Differenzierung.

Netzwerk

  • Austausch mit anderen Akteuren, z.B. in Erfahrungsaustauschgruppen, bei Regionaltreffen, Gewerbegemeinschaften, anderen lokale Akteure usw.
  • Es geht um Austausch, Verhandlung, fachlichen Dialog.
  • Ein Netzwerk erfordert möglichst offene Kommunikation und Vertrauen.
  • Der Nutzen kann nicht eindeutig beziffert werden. Geben und Nehmen sollten ausbalanciert sein.
  • Hier werden kollektive Güter getauscht, die sich durch Teilen vermehren wie Erfahrungen, Wissen, Kontakte, Reputation usw.

Chaos

  • Bereich, der ungeregelt bleibt. Es lässt sich nicht alles regeln.
  • Abwesenheit von kollektiv bindenden Entscheidungen
  • Unklare Absprachen, Störendes, Zufälliges
  • Der offene Raum, aus dem die Kreativität und Spontaneität entspringt.

Das "Spinnennetz der Ordnungen" IMAGE

Das "Spinnennetz der Ordnungen" von Roland Kunkel ist ein Analyse-Instrument, mit dem man herausfinden kann, welches Ordnungsmuster im Weltladen dominant ist und welches unterrepräsentiert ist. Für die Weltladen-Mitarbeiter*innen wird anschaulich, wo der Weltladen steht und welche Auswirkungen dies für die Funktionsfähigkeit der Organisation hat.

Die Ordnungsmuster liegen auf einer Skala von 0 (gar nicht vorhanden) bis 10 (sehr viel vorhanden). Die grau markierten Flächen bezeichnen die Bereiche, in denen die Ordnungen dysfunktional sind. Ihre Leistungsfähigkeit liegt dazwischen. Die Mitglieder eines Weltladenteams oder die Teilnehmer*innen der Fortbildung können mit Punkten auf jeder Linie markieren, wie wirksam oder bedeutsam die jeweiligen Faktoren im Weltladen ihrer Einschätzung nach sind.

Auswirkungen und Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Mustern

Zu viel Gemeinschaft

Es besteht die Gefahr der Verabsolutierung der eigenen Werte. Es bildet sich eine verschworene Gemeinschaft, der der Blick von außen fehlt. Abweichler*innen werden verfolgt und ausgegrenzt. Es gibt wenig Differenzierung in der Gruppe. Weltladen-Teams mit einer extremen Betonung der Gemeinschaft haben unter Umständen Probleme, neue Mitglieder zu gewinnen und sich für neue Werte wie z.B. eine stärkere Marktorientierung zu öffnen.

Zu viel Gemeinschaft – zu wenig Markt

Ein fehlender Markt führt zu einer Reduzierung des Weltladens auf sich selbst. Das Interesse ist auf die Gemeinschaft gerichtet. Es besteht die Gefahr, dass die Organisation zum Selbstzweck für ihre Mitglieder wird. Die Orientierung an den Anspruchsinteressen von z.B. Kund*innen fehlt oder ist zu gering. Der fehlende Wettbewerb führt dazu, dass kein Profil ausgebildet werden muss. Die Stärke des Ordnungsmusters Markt ist es, sich ständig an neue Herausforderungen anpassen zu können. Das bedeutet, innovativ zu sein. Ohne ökonomische Notwendigkeiten gibt es keinen Druck zur Veränderung. Die Weltladen-Gruppe verharrt im Status quo. Langfristig droht allerdings ihre Auflösung, da der Sinn verloren geht.

Zu viel Markt

Eine ausschließliche Orientierung am Markt ordnet alles dem Nutzenkalkül unter. Mitarbeiter*innen sind austauschbar. Effizienz, Leistung, Rationalisierung und Konkurrenz sind die zentralen Werte. Dies zerstört die Identität der Gemeinschaft, da die anderen Werte und Interessen der Mitglieder keine Berücksichtigung finden. Die Teammitglieder haben wenig Vertrauen und Loyalität.

Eine übermäßige Marktorientierung wird es im Weltladen nicht geben. Diese stiftet zu wenig Sinn, um Menschen, die sich freiwillig engagieren, zu binden. Viele Ehrenamtliche sind froh, dass sie in ihrem freiwilligen Engagement keinen Verwertungszwängen unterliegen. Dadurch besteht aber auch die Gefahr, dass mehr Marktorientierung abgelehnt wird. Konflikte könnten auch entstehen, wenn z.B. der*die Geschäftsführer*in ausschließlich das Ordnungsmuster Markt vertritt und die Mitarbeiter*innen sich und ihre darüber hinaus gehenden Interessen nicht genügend wahrgenommen fühlen.

Zu viel Gemeinschaft – zu wenig Hierarchie

Alle besprechen alles gemeinsam und alle entscheiden alles, unabhängig von Kompetenz oder Wissen. Es gibt wenig Aufgabenteilung, unklare Zuständigkeiten, Verantwortungsbereiche und Entscheidungskompetenzen. Diese Situation befördert, dass niemand Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen will. Die Diskussionen sind oft langwierig und nicht zielgenau.

Zu viel Hierarchie

Starre unflexible Regeln und Abläufe sind demotivierend, da die Mitarbeiter*innen oft zu Handlanger*innen degradiert werden und nicht mehr einbezogen werden. Zu geringe Handlungsspielräume für die Mitarbeitenden.

Zu wenig Netzwerk – zu viel Netzwerk

Der Weltladen tauscht sich nicht mit anderen Weltläden aus und kann damit deren Erfahrungen nicht nutzen, ebenso wenig wie die Stärke, Teil einer Bewegung zu sein. Keine Vernetzung/Kooperation mit anderen lokalen Akteuren wie der Werbegemeinschaft, den Landfrauen, den Kirchengemeinden, den Schulen, den Bürger*inneninitiativen, der Kommune usw. Der Weltladen agiert isoliert und mindert damit seine Möglichkeiten, ein relevanter Akteur vor Ort zu sein und sein Anliegen zu multiplizieren. Synergien können nicht genutzt werden.

Ein Übergewicht im Bereich Netzwerk kann allerdings dazu führen, dass die Weltladen-Mitarbeiter*innen sich in vielen Außenaktivitäten verausgaben und nicht mehr genügend Kraft haben, den Laden voranzubringen.

Zu wenig Chaos – Zu viel Chaos

Wenn alles verregelt ist, bleibt zu wenig Raum für Kreativität und Spontaneität. Es lässt sich auch nicht alles regeln. Hier hilft die 80/20 %-Regel: um 100 % Qualität oder Perfektion zu erreichen, braucht man zu viel Energie, da für das Erreichen der letzten 20 % Perfektion 80 % der Energie aufgewendet werden müssen.

Zu großes Chaos erzeugt große Reibungsverluste und fehlende Berechenbarkeit. Es verhindert strategische Planung und Vorgehensweise. Eine Frage für den Weltladen kann sein: "Wie viel Chaos brauchen wir, um unsere Aufgabe zu erfüllen?"

Veränderungen & der Zusammenhang mit Werten

Versteht man den Weltladen und die Ordnungsmuster systemisch, dann braucht man nur an einem der Ordnungsfaktoren etwas zu ändern, da dies Auswirkungen auf alle anderen Bereiche hat. Viel Veränderung auf allen Ebenen ist also nicht nötig, da das System Resonanzen in allen Komponenten hat.

Die Ordnung, die sich der jeweilige Weltladen geschaffen hat, enthält eine eigene Logik und basiert auf den Werten der Mitglieder und ist daher erst mal sinnvoll. Dennoch kann es durch Ungleichgewichte zu Dysfunktionalität kommen.

Die verschiedenen Ordnungsmuster repräsentieren auch verschiedene Werte, Ziele und Interessen. Viele Konflikte entstehen, weil unterschiedliche Werte miteinander konkurrieren und nicht als sich gegenseitig ergänzend verstanden werden.

Folgende "Werte" lassen sich mit den verschiedenen Ordnungsmustern verbinden:

  • Gemeinschaft = Vertrauen und Sinn
  • Hierarchie = Macht und Ordnung
  • Markt = Geld, Output, Effizienz, Wettbewerb
  • Netzwerk = Teilhabe (teilen) und Sinn
  • Chaos = Kreativität, Spontaneität

Quelle

DEAB – Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e.V. (2010): QualiFair Aufbaukurs Weltladen. Qualifikation für Fach- und Führungskräfte im Fairen Handel. Modul “Personalführung im Weltladen” (Birgit Lieber), nach: Kunkel, Roland (2007): Mediation von Arbeitskonflikten in wertorientierten Organisationen.

Quelle: Wiki-Artikel „Ordnungsmuster in Organisationen“ von Weltladen-Dachverband e.V. unter einer CC BY 4.0-Lizenz

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Stand: 10/2022

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