Hauptamtliche Mitarbeiter*innen
Professionalität hat zunächst nichts mit bezahlter Arbeit zu tun, sondern ist eine Einstellungsfrage. Hauptamtliche können unprofessionell, freiwillig Engagierte können sehr professionell arbeiten. Im Zuge der Professionalisierung der Weltläden und der damit verbundenen Vergrößerung der Aufgabenbereiche und der Verantwortung ist es aber sinnvoll, hauptamtliche Arbeitsstellen im Laden einzurichten. Dies betrifft in den meisten Läden den Bereich der Koordination der Ladenabläufe, wo eine kontinuierliche Ansprechperson zur Verbesserung der Organisation und der Qualität der Arbeit beiträgt. So kann verhindert werden, dass Ehrenamtlichen die Arbeit "über den Kopf wächst" und sie die Lust verlieren.
Aufgabenbereiche
Hauptamtliche arbeiten oft in den Bereichen Verkauf, Einkauf, Ladenkoordination, Geschäftsführung, Bildungsarbeit. Der Stellenumfang variiert von Minijobs über halbe bis zu vollen Stellen. Häufig gibt es nur eine hauptamtliche Kraft im Weltladen. Damit kommt ihr eine besondere Position zu und es ist oft schwierig, eine klare Rolle und einen Platz im Team zu finden. Die Hauptamtlichen arbeiten in der Regel in denselben oder ähnlichen Aufgabenfeldern wie die Ehrenamtlichen, was schon auf mögliche Konflikte hinweist. Die Stelle eines*r Bildungsreferent*in ist meist noch deutlich abgrenzbar von den Tätigkeiten der anderen Teammitglieder. Je näher die Aufgaben der Hauptamtlichen an denen der Ehrenamtlichen liegen, desto komplizierter wird die Legitimation und die Abgrenzung der bezahlten Arbeit gegenüber der unbezahlten.
Konfliktpotenzial
Grundsätzlich bringt das Nebeneinander von Haupt- und Ehrenamt immer ein gewisses Konfliktpotential mit sich. Unzufriedenheiten, die diesen Bereich betreffen, sind oft Tabuthemen in der Gruppe und werden ungern angesprochen. Häufig wird dann nur "hinter dem Rücken" der betreffenden Person geredet. Besser ist es, die Kritik rechtzeitig öffentlich zu machen, um etwas verändern zu können. Das gilt übrigens in beide Richtungen. Es sollte stets auf eine wertschätzende Art des Umgangs miteinander geachtet werden.
Um das Konfliktpotenzial bei der Einrichtung einer bezahlten Stelle zu reduzieren, ist es wichtig, dass...
- eine möglichst hohe Akzeptanz von bezahlter Arbeit in der Gruppe vorhanden ist.
- es eine klare Stellenbeschreibung gibt. Dabei sollten sich die Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen nicht die gleichen Aufgaben teilen, für die dann eine*r bezahlt wird und der*die andere nicht.
- die Arbeit der Hauptamtlichen das Engagement der Ehrenamtlichen ermöglicht. Dazu gehören evtl. auch unbeliebte Aufgaben. Allerdings sollte nicht alle unbeliebte Arbeit bei der Hauptamtlichen landen.
- die hauptamtliche Person einen eigenen Handlungs- und Gestaltungsspielraum hat und selbstverantwortlich arbeiten kann, obwohl sie angestellt ist. Es wird vereinbart "was" getan wird, aber nicht "wie".
- die Erwartungen hinsichtlich unbezahlter Mehrarbeit oder zusätzlichem ehrenamtlichen Engagement der hauptamtlichen Person geklärt werden.
- die Arbeit der Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen anerkannt wird.
- es einen Arbeitsvertrag gibt und der Vorstand seine Aufgaben als Arbeitgeber wahrnimmt.
Stellenbeschreibung & Arbeitsvertrag
Im Gegensatz zu den Ehrenamtlichen sind die Hauptamtlichen vertraglich gebunden. Die Stellenbeschreibung regelt ihr Aufgabengebiet, ihnen werden Aufgaben zugewiesen bzw. gemeinsam verhandelt, deren Einhaltung verbindlich ist. Es kann auch sein, dass sich das Aufgaben- oder Anforderungsprofil für die Hauptamtlichen ändert, z.B. vom Ladendienst hin zur Geschäftsführung. Der Arbeitgeber kann eine solche Änderung der Stelle verlangen, sollte den neuen Aufgabenzuschnitt aber mit dem*r Mitarbeiter*in verhandeln und muss ihm*ihr die Möglichkeit zur Fortbildung eröffnen, um den neuen Anforderungen gewachsen zu sein. Sollte der*die Angestellte zu der Anpassung nicht bereit sein, kann eine Kündigung erfolgen.
Durch den Arbeitsvertrag gibt es wechselseitige Arbeitgeber-/Arbeitnehmerrechte und -pflichten. Der Vorstand als Arbeitgeber hat Fürsorge- und Kontrollpflichten. Die arbeitsrechtlichen Belange werden meistens erst im Konfliktfall relevant. Dann ist es aber umso wichtiger, dass es einen Vertrag und eine Stellenbeschreibung gibt. Einen massiven arbeitsrechtlichen Konflikt verträgt das Klima im Weltladen meistens nicht und es kommt erfahrungsgemäß zu einer Trennung. Diese sollte dem*der Mitarbeiter*in gegenüber möglichst fair gehandhabt werden.
Hauptamtliche als Vorstandsmitglieder
Eine Vorstandstätigkeit der Beschäftigten ist grundsätzlich möglich. Die Mitgliederversammlung muss dem zustimmen. Der Arbeitsvertrag kann dann von den anderen Vorständen unterzeichnet werden.
"Es ist festzustellen, dass die Rechtsordnung nicht generell die Betätigung hauptamtlicher Mitarbeiter als Vereins- oder Vorstandsmitglied verbietet. Das heißt nichts anderes, als dass hauptamtliche Mitarbeiter eines Vereins auch gleichzeitig Vorstand desselben Vereins sein dürfen." (Institut für Beratung und Projektentwicklung 2006: 119) (Gilt nicht bei Beschäftigten über ABM-Maßnahmen oder bezuschusster Arbeit)
"Es muss auch beachtet werden, dass das Vorstandsmitglied nicht mit sich selbst einen Anstellungsvertrag schließen darf, dies gründet auf dem Verbot von sogenannten Insichgeschäften ... in § 181 BGB.“ (Institut für Beratung und Projektentwicklung 2006: 120)
"Auf dieser Grundlage kann zwischen dem Verein und dem entsprechenden Vorstandsmitglied ein Anstellungs- oder Honorarvertrag abgeschlossen werden. Für den Abschluss des Anstellungsvertrages ist die Mitgliederversammlung zuständig, da ein Vorstandsmitglied nicht mit sich selbst als Vertreter des Vereins einen Vertrag abschließen darf. Sind weitere Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl vorhanden, können diese den Anstellungsvertrag unterzeichnen. Die Genehmigung durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung ist jedoch Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertrags." (Institut für Beratung und Projektentwicklung 2006: 19)
Quellen
Weltladen-Dachverband (2015): Grundkurs Weltladen. Modul 7 “Ladenorganisation”. Institut für Beratung und Projektentwicklung (2006): Vereinspraxis. Ein Ratgeber zum Vereinsrecht, zum Arbeitsrecht und zu kaufmännischen Fragen.
Zum Weiterarbeiten
2020_WL-DV_Arbeitsfeld- und Stellenbeschreibungen.pdf 2020_WL-DV_Arbeitsfeld- und Stellenbeschreibungen.docx